1914: Der erste sozialdemokratische Vizebürgermeister in Österreich

Von ihrem erstmaligen Einzug in den Grazer Gemeinderat bis zum Ersten Weltkrieg errangen die Sozialdemokraten schrittweise die Hegemonie im dritten Wahlkörper. Es gelang ihnen mehrmals dort alle 16 Mandate zu erobern. Da sie in den beiden ersten Wahlkurien chancenlos blieben, konnten sie jedoch nie mehr als ein Drittel der Gesamtsitze im Gemeinderat einnehmen. Dennoch waren sie ein wichtiger Machtfaktor. 1912 wurden daher erstmals zwei Sozialdemokraten, Alois Ausobsky und Reinhard Machold, in den Stadtrat gewählt. Der große Durchbruch gelang im Jahr 1914. Die sozialdemokratische Dominanz im dritten Wahlkörper war so groß, dass weder Christlich-Soziale noch Deutschnationale Gegenkandidaten aufstellten. Gleichzeitig war der deutschnationale Klub tief gespalten. Beamten und Hausherren bildeten eigene Fraktionen. Die Sozialdemokraten nutzten diese Situation und verhalfen einem Beamten zur Vizebürgermeisterwahl. Im Gegenzug wählten diese Alois Ausobsky zum zweiten Vizebürgermeister. Er war damit der erste Sozialdemokrat auf dem Gebiet des heutigen Österreichs, der dieses Amt bekleidete. Wieder einmal war die steirische Sozialdemokratie dem Aufstieg der gesamtösterreichischen Bewegung einen Schritt voraus. Ihren weiteren Aufstieg sollte jedoch der Erste Weltkrieg bremsen. Die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts führte in Österreich zu einer temporären Ausschaltung des Parlamentarismus. Es sollten einige Jahre vergehen, bis die steirische Sozialdemokratie ihren Aufstieg fortsetzen konnte. In den ersten Kriegsjahren blieb sie jedoch weitgehend passiv.