Alfred Stingl

Alfred Stingl: *28. Mai 1939 in Graz

Amtszeit Bürgermeister: 10. Jänner 1985 bis 27. März 2003

Stingl schloss eine Lehre zum Buchdrucker ab und engagierte sich früh im sozialdemokratischen Sinne. 1961 gründete er die Junge Generation Graz. Seine erstmalige Wahl in den Grazer Gemeinderat erfolgte 1968. Er schaffte es schnell sich als talentierter Nachwuchspolitiker zu profilieren. Ab 1973 gehörte Stingl der Grazer Stadtregierung an. Er fungierte zunächst als Jugendstadtrat. In dieser Funktion half Stingl unter anderem dabei mit die Besetzung des Grazer Orpheums durch Autonome friedlich zu beenden. Nachdem die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen 1978 weiter an Stimmen verlor, wurde die Kritik am Stadtparteivorsitzenden Karl Stoiser immer lauter. Viele GenossInnen, allen voran die Gruppierung Kritische Sozialisten, sahen Stingl als geeigneteren Spitzenkandidaten für die nächste Wahl. Letztlich musste Stoiser dem immer stärker werdenden Druck weichen. Stingl wurde 1980 zum neuen Stadtparteivorsitzenden gewählt.

Die Grazer Sozialdemokratie ging in der Folge mit viel Rückenwind in die Gemeinderatswahl des Jahres 1983. Stingl, der ein Jahr zuvor zum Vizebürgermeister gewählt wurde, gelang es erstmals seit 1968 einen Stimmenzuwachs zu erzielen. Mit der ÖVP wurde anschließend eine Halbzeitlösung für das Bürgermeisteramt ausverhandelt. Bis Jänner 1985 sollte die Volkspartei mit Franz Hasiba den Bürgermeister stellen. Anschließend war Stingl an der Reihe. Entgegen vieler Befürchtungen hielt die Abmachung. Stingl wurde schließlich am 10. Jänner 1985 zum Bürgermeister gewählt. In seinen ersten Regierungsjahren stand vor allem die Umweltpolitik im Vordergrund. Die Mursanierung war in diesem Zusammenhang das erfolgreichste Projekt. Darüber hinaus wurde die Direktwahl der Grazer Bezirksvorsteher eingeführt. Außerdem entstand mit Puntigam ein neuer Bezirk. Die Gemeinderatswahl des Jahres 1988 endete für die Sozialdemokratie mit einem Sieg. Sie gewann 0,5 Prozent dazu und verfügte über die absolute Mehrheit in der Stadtregierung. Im selben Jahr bekannte sich Stingl im Rahmen des 50-jährigen Jahrestages des „Anschlusses“ auch gegen den vielfach noch vorherrschenden Zeitgeist zu einer modernen Gedenkkultur. In den folgenden Jahren wurde der Grundstein zu einer Renaissance des jüdischen Lebens in Graz gelegt. Dabei kam es zur Wiedererrichtung historischer Gebäude. Höhepunkt war die Eröffnung der Grazer Synagoge am 9. November 2000. Vor dem Hintergrund einer sich verschlechternden politischen Großwetterlage bekannte sich Stingl oftmals auch gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen zu fortschrittlichen Projekten wie der Einführung von Tempo 50/30 im Grazer Stadtgebiet. In der Flüchtlingsfrage blieb er seiner humanen Grundeinstellung ebenfalls treu. Mit teils starken Verlusten wurde die SPÖ 1993 und 1998 wieder zur stärksten Partei. In der letzten Amtszeit von Stingl stand vor allem die Kulturpolitik im Vordergrund. Höhepunkt war die Wahl von Graz zur Europäischen Kulturhauptstadt 2003. Am 27. März dieses Jahres trat Stingl schließlich zurück. Er war der bis dahin am längsten amtierende Bürgermeister in der Geschichte von Graz. Stingl ist bis heute politisch aktiv und setzt sich für die Belange von finanziell schwachen Grazerinnen und Grazern ein.

Alfred Stingl (Quelle: Stadt Graz / Fischer)