Jänner 1918: Streiks in der gesamten Steiermark

Dreieinhalb Jahre Krieg hatten der Bevölkerung seit Juli 1914 unvorstellbare Opfer abverlangt. Während die Lage an den Fronten weitgehend festgefahren war, verschlechterte sich die Situation für die Menschen in der Heimat von Monat zu Monat. Zu den wirtschaftlichen und sozialen Entbehrungen kam noch die weitgehende Ausschaltung der demokratischen Institutionen. Der Leidensdruck wurde schließlich so groß, dass selbst die teilweise Wiedereinführung der Demokratie sowie Erfolge der k.u.k.-Armee in Italien im Jahr1917 keine grundlegende Wende herbeiführen konnten. Lebensmittelmangel und die auch für die damaligen Verhältnisse extreme Ausbeutung der Arbeiterschaft auf Grundlage des Kriegsleistungsgesetzes, welches die ohnehin wenigen Arbeitsrechte aufgehoben hatte, führten im Jänner 1918 zu einer gewaltigen Streikwelle. Von Wiener Neustadt aus breitete sie sich zunächst auf das obersteirische Industriegebiet, Graz und später auf das weststeirische Kohlenrevier aus. Die Arbeiter forderten die Aufhebung des Kriegsleistungsgesetz, die Einsetzung von Beschwerdekommissionen und einen sofortigen Friedensschluss. Der sozialdemokratischen Gewerkschaft gelang es den zunächst unkoordinierten Streik in geregelte Bahnen zu lenken. Insgesamt zwei Wochen hielt die Streikwelle mit unterschiedlicher Intensität in steirischen Industrieorten an. Erst als die Regierung umfassende Zugeständnisse machte, gingen die Massen wieder zurück an die Arbeit. Es kam zu einer Aufhebung der Kriegsleistungsgesetztes und der Einsetzung von Beschwerdekommissionen. Außerdem wurde die Einberufung von betrieblichen Vertrauensleuten zum Militär unterbunden. Letztlich erkaufte sich die Regierung durch diese Zugeständnisse ein letztes Mal Zeit. Lange sollte der k.u.k-Staat nicht mehr Bestand haben.

Titelseite des „Arbeiterwille“ am 20. Jänner 1918.
Titelseite des „Arbeiterwille“ am 20. Jänner 1918.